Deutschland ist Russlands Wirtschaftspartner Nummer Eins
8,8 Milliarden Euro – so viel hat Deutschland im Jahr 2011 in russische Wirtschaft investiert. Der gesamte Umsatz zwischen den beiden Ländern hat im vorigen Jahr 75 Milliarden Euro erreicht.
Diese Zahlen hat Ulrich Brandenburg, der Botschafter der Bundesrepublik Deutschland in Russland, in seinem Vortrag „Russland nach der Wahl“ Ende April 2012 in Bielefeld präsentiert. Für deutsche Unternehmer, die sich bei der Veranstaltung der Industrie- und Handelskammer Ostwestfalen versammelt haben, hieß es: Gerade jetzt lohnt es sich, in Russland zu investieren. Jedoch damit Geschäfte mit dem osteuropäischen Nachbarland reibungslos funktionieren, sollten sich ausländische Investoren vorher rechtlich absichern, so Brandenburg.
Entwicklung der Wirtschaft in Russland: Positive Tendenz!
In den letzten ein paar Jahren hat Russland trotz der Weltfinanzkrise gut gewirtschaftet. Das Bruttoinlandsprodukt ist 2011 um 4,3% gewachsen. Es ist um etwa 0,5% mehr als prognostiziert wurde. Die Arbeitslosigkeit hingegen ist von 8,8% im 2010 auf 6,6% im 2011 zurückgegangen. Die Armutsquote ist im Vergleich zum vorigen Jahr um 0,5 % gesunken und betrug 2011 etwa 12,5%. Die Inflation lag 2011 wiederum bei 6,1%. Aus der deutschen Sicht ist es vielleicht eine ziemlich hohe Rate. In Russland spricht man hingegen mit Stolz über den besten Wert seit der Zeit der Sowjetunion.
Eine positive Tendenz in der Entwicklung der russischen Wirtschaft liegt somit klar auf der Hand. Jedoch trotz des positiven Bilanzes halten sich viele ausländische Investoren zurück. Der Kapitalabfluss aus Russland betrug 2011 umgerechnet fast 80 Mrd. Dollar. Zum Vergleich: Im vorigen Jahr 2010 lag die Zahl „nur“ noch bei 36 Mrd. Dollar.
Putin erklärt mangelhaftes Investitionsklima in Russland
Einer der Gründe, warum der Ministerpräsident Putin das Investitionsklima in Russland in seiner letzten Regierungserklärung am 11. April 2012 als „ausgesprochen schlecht“ bezeichnete, ist unter anderem die Korruption. Im Vergleich zum Jahr 2010 hat sich Russland zwar im Korruptionsindex von Transparency International 2011 vom Platz 154 auf den Platz 143 verbessert. Jedoch reicht es offenbar noch nicht, um über optimale Geschäftsbedingungen für ausländische Investoren in Russland zu sprechen. Daher soll die Regierung noch bis Ende des Jahres Gesetzentwürfe vorbereiten, die Russland attraktiver für Unternehmen machen werden, so der neu gewählte Präsident Putin.
Was bremst die russische Wirtschaft?
Der Russlandkenner Ulrich Brandenburg sieht hier mehrere wichtige Faktoren. Zum einen ist es eine schlechte Infrastruktur. Im Gegensatz zu Deutschland oder z. B. China hat Russland nämlich immer noch kein richtiges Autobahnnetz, das Westen mit Osten des Landes vereinen würde. In Sachen Flugverkehrssicherheit wiederum hat sich die Position Russlands wegen mehrerer Flugzeugabstürze in der letzten Zeit wesentlich verschlechtert. Neben Kongo zählt das Land momentan sogar zu den gefährlichsten Flugzielen der Welt, was kaum zu einem positiven Bild Russlands beitragen kann.
Ein großes Problem des Landes ist außerdem die extreme Abhängigkeit von Rohrstoffpreisen und damit auch von den Schwankungen der Weltwirtschaftskonjuktur. Die Lösung für dieses Problem soll vor allem das Medwedews „Lieblingsprojekt“, die Forschungsstadt Skolkovo, bieten, die bereits als „russisches Silicon Valley“ bezeichnet wird. Auch namhafte deutsche Firmen wie z. B. „Siemens“ zeigen ein großes Interesse zu diesem Projekt und unterstützen es mit ihren Investitionen.
Im Übrigen zählt Deutschland neben Zypern, den Niederlanden und Luxemburg zu den vier größten Investoren Russlands in der EU. Die Bundesrepublik ist „Partner Nummer Eins“ Russlands in vielen Hinsichten, so Brandenburg. Deutschland hält unter anderem mit 8,7% im russischen Außenhandel den sicheren zweiten Platz nach den Chinesen mit 10,2%. Momentan sind rund 6500 Tsd. deutsche Firmen in Russland tätig. 800 von ihnen sind Mitglieder der deutsch-russischen Handelskammer. 2,5 Millionen Russen lernen Deutsch als Fremdsprache, womit Deutsch den sicheren zweiten Platz im Lande nach Englischem hält.
Wichtig: Russland zählt zwar nach wie vor zu den Ländern, in denen die Politik die wirtschaftliche Situation im großen Maße beeinflusst. Jedoch nicht mehr alles wird heute in Moskau entschieden. Gouverneure, die im föderalen Zentrum gut vernetzt sind, haben große Möglichkeiten und können somit Investitionen in ihren Regionen besonders attraktiv machen, meint der deutsche Botschafter.
Russland und die Welthandelsorganisation
Noch bis Ende des Jahres soll Russland der WTO beitreten, was das Land unter Modernisierungsdruck setzt. Gerade Deutschland soll dabei vom Einzug Russlands in die Welthandelsorganisation profitieren, meinen Experte der Zeitung „Handelsblatt“. In erster Linie weil der deutsch-russische Handel durch die Absenkung einer großen Zahl von Zolltarifen und die Vereinheitlichung von Produktnormen und Zertifizierungen einen echten Schub erhalten soll.
Der durchschnittliche Zollsatz Russlands für Importe soll nach dem Beitritt des Landes in die WTO z. B. von derzeit 10 auf 7,8 Prozent sinken. Dadurch könnten allein deutsche Firmen nach Schätzungen des Bundeswirtschaftsministeriums bei Geschäften mit Russland rund eine Milliarde Euro pro Jahr mehr verdienen, schreibt „Handelsblatt“.
Autor: Elena Gunkel (Kontakt:gunkel@online-marketing-russland.de)
Auf dem Foto rechts: Ulrich Brandenburg, der Botschafter der Bundesrepublik Deutschland in Russland
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