Lebensmittel-Import in Russland
Seit der Erklärung der kapitalistischen Marktwirtschaft in Russland 1998 hat sich vieles Verändert: der russische Markt ist um Einiges liberaler und offener geworden und hat viele Global Player angezogen. Darunter auch viele deutsche Unternehmen aus der Lebensmittelbranche. Wie die einzelnen Unternehmen es geschafft haben sich auf dem russischen Markt zu etablieren, erzählen wir in unseren FMCG-Case-Studies.
FMCG-Case-Study: löslicher Kaffee
Seit den 90er Jahren gehört Russland zu den Ländern mit einem sehr hohen Kaffeekonsum. Löslicher Kaffee bzw. Instantkaffe wurde von Anfang an besser als Bohnen-Kaffee verkauft und machte durchschnittlich 85% des Gesamtvolumens des importierten Kaffees aus. In einem Land, in dem Tee während mehreren Jahrhunderten DAS heiße Getränk war und Kaffee schon immer zu den exotischen Importprodukten gehörte, schätzten die Russen vor allem die bequeme und unkomplizierte Art der Zubereitung des löslichen Kaffees.
Unternehmen, die diese Nachfrage in Russland erkannt haben, etablierten sich erfolgreich auf dem einheimischen Markt. Einer der ersten war Johann Jacobs. Er fing bereits 1994 damit an, löslichen Kaffee nach Russland zu importieren. Zu dieser Zeit herrschten schwache Konkurrenz-Bedingungen auf dem Kaffee-Markt und der Brand etabliert sich schnell und sicher. Der Kaffee-Konsum wuchs in Russland in den nächsten 15 Jahren stetig an, so konnte der Kaffee-Markt zwischen 1996 und 2005 um ganze 176% zunehmen.
Instant-Kaffee hat auch aktuell eine sehr hohe Nachfrage. Studien zufolge konsumieren ca. 25% aller Russen oder 36 Mio. das heiße Getränk mehrmals täglich. Mit dem Wort „Instant-Kaffee“ verbindet man die Dynamik und die Leichtigkeit der modernen Lebensweise. In vielerlei Hinsicht ist diese Wahrnehmung gezielten Marketingmaßnahmen zu verdanken. Das Unternehmen Jacobs begann seine erste große Image-Kampagne mittels TV-Werbung für Instant-Kaffee auf den größten russischen Fernsehsendern.
Kaffee Jacobs: Social Media Präsenz in Russland
Die TV-Marketing-Kampagne war erfolgreich und es folgten umfangreiche Offline- sowie Online Werbemaßnahmen. Viel Zeit und Aufmerksamkeit wurde auch in die Social Media Präsenz investiert. Es folgten Set-Ups mehrerer Fanpages auf dem größten russischen sozialen Netzwerk vK.com (vKontakte).
Das Jacobs-Unternehmen hat sich im Laufe der Jahre weiterentwickelt und für jede seiner Produkt-Variationen unterschiedliche Image-Kampagnen initiiert. Es entstanden auch mehrere Fanpages bzw. Communities in vK.com für jede große Produktlinie. Bei einem großen Konzern erwies sich dieses Konzept als äußerst vorteilhaft: man selektierte die Zahl der Fans noch gezielter und versorgte sie in den social Media Kanälen gezielt mit den Informationen, die für sie relevant waren.
Jacobs Monarch – der Brand-Klassiker blieb während der Jahre seinem legendären Ruf treu und füllte ihn regelmäßig durch massive russlandweite Rebranding-Kampagnen mit neuem Sinn. Die letzte davon hieß: „Träumen mit offenen Augen – die Aroma-Magie bringt die Menschen nicht nur näher, sondern macht Träume wahr!“
Der Content in der vK-Community besteht aus der neuen Visualität der aktuellen Image-Kampagne, verbunden mit allen gängigen vK-SMM-Trends: Einsatz von Video-Material, GIF’s, #Hashtags, Einbindung der eigenen Produkte in gesuchte Rezeptideen, sowie Fun-Content.
Die premium Submarke Jacobs Milicano hingegen orientierte sich an ein besonderes Konsumenten-Segment: junge und erfolgreiche Kunden, die viel Zeit in sozialen Netzwerken verbringen und denen Lifestyle und das eigene digitale Erscheinungsbild wichtig sind.
FMCG-Case-Study: Schokolade
Auch die Produktion des D-A-C-H-Raum Unternehmens Mondelez hat bereits die russischen Herzen erobert. Das Erfolgsrezept einer konsumentenorientierten Marketingstrategie aus der Kategorie Süßwaren liefert der Brand Milka. Das im schweizerischen Neuchâtel gegründete Unternehmen ist seit 2004 auf dem russischen Markt aktiv.
Obwohl der Konzern bei seinem Einstieg in Russland auf eine langjährige Erfolgsgeschichte in Europa zurückblicken konnte, musste auch er sich etwas Besonderes für die russischen Konsumenten überlegen. Die zündende Idee für seine Image-Kampagne entstand aus einem Insider-Tipp: viele russische Konsumenten aus der Mittelklasse litten laut Umfragen an ständiger Alltags-Hektik und Ungewissheit und empfanden daher ein starkes Verlangen nach Erholung und einer Art Flucht aus dem Alltag. Also basierte Milka ihre neue Image-Strategie auf der Idee für die Konsumenten einen solchen imaginären Zufluchtsort zu schaffen. Man stellte eine emotionale Verbindung zwischen der Herkunft des Brands – den Schweizer Alpen – und dem Verbraucher her: „ein Stück Schokolade und schon befindet man sich inmitten der Alpenwelt“.
Sobald die neue Image-Strategie fest stand, startete Milka eine 360 Grad Kampagne mit Einbezug aller Marketing-Maßnahmen. Eine neue Verpackung wurde entwickelt. Man führte Aktionen in den Verkaufsstädten vor Ort sowie Familienfeste durch. Große Banner wurden in Supermärkten und riesige Werbetafeln auf den Straßen angebracht. Das Werbeziel der Kampagne war „die Alpen-Magie“ in den Großstädten Russlands schnellst möglich zu verbreiteten. Online Werbemaßnahmen beinhalteten Suchmaschinenmarketing Kampagnen (SEA) und Social Media Auftritte. So entstand auch eine große Community auf vKontakte:
Die Richtige User-Einbindungsstrategie: In seiner Image-Kampagne bleibt der Schokoladenhersteller seiner Corporate Identity treu und schafft es sich auf dem russischen Markt durch emotionale Bindung zwischen Brand und Verbraucher zu entfalten.
FMCG-Case-Study: Gewürzmischungen
Eine andere Erfolgsgeschichte konnte das Unternehmen Knorr schreiben. Die 1838 in Heilbronn gegründete Fabrik, die sich zunächst auf Chicorée-Verarbeitung spezialisierte, weitete sich aus und entwickelte sich zu einem internationalen Konzern mit großer Marktbeteiligung in Russland.
1997 kam Knorr auf den russischen Markt mit dem Motto: „wir lieben gutes Essen, genauso wie Sie. Wir glauben daran, dass Lebensmittel gesund, lecker und natürlich sein sollen, dabei soll ihre Zubereitung einfach und schnell gehen.“ Zu diesem Zeitpunkt waren wenige bis gar keine Konkurrenten auf dem russischen Markt, die sich auf Fertigprodukte und Gewürzmischungen spezialisierten. So konnte Knorr recht schnell seine Nische bei den kochaffinen russischen Konsumenten finden. Eines der Erfolgskriterien war das deutsche Qualitätsversprechen.
Für die Entwicklung der Online-Präsenz war der folgende Insider-Tipp Aufschluss gebend. Russische Frauen und Männer kochen aus mehreren traditionellen und persönlichen Gründen gerne selber zu Hause. Daher sollte man das Produkt der fertigen Gewürzmischungen nicht als fertiges Produkt, d.h. radikaler Ersatz ihrer Essgewohnheiten positionieren, sondern als eine Art Küchenhilfe, auf die man zurückgreifen kann, wenn man z.B. eines seiner Rezepte verfeinern, ein neues ausprobieren oder einfach weniger Zeit beim Kochen verbringen will. So erwies sich die Einbindung der Knorr-Gewürzmischungen in neue Rezepte, basierend auf den Lieblingszutaten der Russen, als sehr erfolgreich.
Knorr achtet auf User-Umfragen und Trends aus der Lebensmittelindustrie. Laut Yandex* ist Hühnerfleisch die beliebteste Zutat in russischen Gerichten. So findet man die Gewürzmischungen für die Zubereitung der Gerichte mit Hühnerfleisch in allen Online-Kanälen von Knorr an erster Stelle. Beispiel: VKontakte.
Das Vertrauen der Knorr-Fans in die Qualität der Produkte wird durch das Erzählen der Geschichte des Unternehmens gestärkt: „Knorr gibt es schon seit 1838…“.
Fertiggerichte und Tiefkühlkost in Russland
Der Markt von Fertig-und Tiefkühlprodukten in Russland beinhaltet viele Teilnehmer. Dies hindert aber die neuen Unternehmen nicht davor auch einzusteigen. Bei den Kunden handelt es sich vor allem junge Verbraucher, die ein aktives Leben führen und immer weniger Zeit beim Kochen verbringen wollen. Aber auch die Mittelschicht, die während der Woche keine Zeit zu kochen hat, greift immer öfter ins Tiefkühlregal.
Immer mehr Russen ziehen Qualität dem Preis vor
Noch vor einigen Jahren war der Preis das entscheidende Kauf-Kriterium, jetzt achtet der Verbraucher vermehrt auf die Qualität und das Preis-Leistungs-Verhältnis der Ware. Ein qualitativ hochwertigeres Produkt gewinnt meistens den Konkurrenz-Kampf um den Verbraucher.
Laut Experten hängt die Häufigkeit des Konsums der Tiefkühlkost vom Niveau des Lebensstandards ab. In einer Studie stellen die Ernährungs-Wissenschaftler fest, dass der Umsatz von Fertig- und Tiefkühlprodukt-Unternehmen aufgrund steigender Einkommenszahlen und eines immer höher werdenden Lebensstandards der russischen Mittelklasse gewachsen ist.
Welche Tiefkühlkost ist gerade im Trend?
Die Produktion von Tiefkühlkost aus Hühnerfleisch zählt aktuell zu den Perspektivsten auf dem Markt, da sie gute Verkaufszahlen liefert und eine Sortiment-Erweiterung zulässt.
Auch sind Produkte eines höheren Preissegments, nämlich die Menü Mahlzeiten vor allem in Großstädten und Ballungsräumen in großer Nachfrage. Momentan ist die Zahl der Hersteller von fertigen Mahlzeiten überschaubar klein, sodass dieser Markt der Fertiggerichte für neue Hersteller als vielversprechend erweist.
Case-Study: russischer Hersteller Rollton
Einer der russischen Hersteller aus der Branche heißt Rollton. Sein Hauptprodukt sind Nudeln aus der Tüte zum Aufgießen. Obwohl der Brand seit Anfang an eine überschaubar kleine Sortiment-Menge für Werbezwecke zur Verfügung hatte, konnte er es schaffen die Verbraucher durch kreativen Content-Ideen und neuem Produkt-Kontext für sich zu begeistern. Beispiel: Präsenz auf vKontakte.
Wenn Sie Fragen zum Thema Food Marketing in Russland haben oder sich eine professionelle Marketing Beratung für Russland wünschen, kontaktieren Sie uns einfach!
Seit 2009 leiten wir erfolgreich online Marketing Projekte für Russische Konsumenten. Gerne unterstützen wir auch Ihren Brand bei der Umsatzmaximierung mit Online-Werbung und Social-Media in Russland!
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*Quelle: Yandex.ru, 08.07.2017